Sagt Pablo Keller.
Er lächelt bei diesem Satz, ein Zeichen, dass es ihm damit ernst ist. Weil ihm sehr daran liegt, die SpielerInnen und Spieler „zum Blühen“ zu bringen, mit den Mitteln des Theaters, mit dem Spiel, dem Perspektivwechsel, der Lust am anderen. Und vor dem Hintergrund ihrer Biographien, die zumeist in gesellschaftlich umstrittenen Umständen wurzeln.
Er duldet bei seiner Arbeit kein „als ob“. Er begreift theatrales Spiel als Akt der Befreiung, als elementare Form der Sinnfindung. Und unterlegt den Gedanken ans Spielen nachdrücklich mit Anforderungen an Ehrlichkeit und Direktheit, unterstreicht das unabsichtlich und indirekt mit der ihm eigenen, athletischen Präsenz.
Pablo Keller ist Nähe und Distanz. Er sucht den Weg zum „Kern des Menschseins“, schätzt kollegiale Orientierungshilfen. Seine Kartographie offenbart sich im Gewusel der Theaterarbeit. „Ich bin sehr offen aufgenommen worden in der Wilden Bühne, seinerzeit, und bin auch jetzt immer wieder gerührt über das Miteinander, darüber, dass der Prozess, der Neue zu sein, noch nicht zu Ende ist. Schließlich, als einer der Regisseure, muss und will ich auch immer einen Schritt vor– und zurücktreten können.“
„Was mich als Theaterpädagoge und Schauspieler an den Wilden auch begeistert, ist, gesellschaftspolitisch konfliktträchtige Inhalte gemeinsam ausdrücken und gestalten zu können. Zum Beispiel Sucht, Gewalt, Männer- und Frauenbild, Einsamkeit, Identität, Rechtsruck. Theater mit Absicht, und mit Liebe zur künstlerischen Ästhetik.“
Theaterarbeit in dauerhaft heranwachsenden Projekten wie bei den Wilden ist nicht speziell, sondern universell. „Meine frühere handwerkliche Tätigkeit hilft mir. Mir werden im Wilden Alltag dann die technischen Dinge anvertraut, ich gebe aber Kenntnisse gern weiter. Schließlich lernen wir alle voneinander, unter anderem auch Eigenständigkeit und Verantwortung.“
Seit etwa zweieinhalb Jahren ist er nun Teil des Leitungstriumvirats der Wilden Bühne. Er schätzt die ehrliche Direktheit des Umgangs im Ensemble, sieht und spürt, dass die Spielerinnen und Spieler durchlebt haben, was da erarbeitet und gespielt wird. Als Regisseur will er in den jeweiligen Stücken das Bildhafte als Ganzes sehen, es miterleben mit allen Sinnen. Dazu braucht es das Pointierte, keine belehrende Überfrachtung, keine schauspielerische Eitelkeit. „Vor allem Letzteres langweilt mich und was mich langweilt, schmerzt mich!“
„Gegenüber unserem häufig jugendlichen Publikum müssen wir klar und deutlich Stellung beziehen, nicht dulden, was nicht zu dulden ist. Uns immer fragen, was wir ausdrücken wollen, wie man das Zwanghafte des Alltags gegen Neues eintauschen kann.“
Morgen wird Pablo Keller nun auch Büroarbeit machen, sich gedanklich einem neuen Stück nähern und die geplante „Wilde Woche“, eine Aktion zur Öffentlichkeitsarbeit, in seine Kartographie des Gewusels einbauen.
Alles mit Absicht.